Die Selbstoffenbarung Gottes

Die Selbstoffenbarung Gottes
Dr. W. A. Criswell
Hebräer 1,1-2

Im ersten Vers des ersten Kapitels des ersten Buches der Bibel werden wir mit einem Gott konfrontiert, der sich bewegt, der erschafft und der spricht: „Und Gott sprach“ (1 Mos 1,3). Dann haben wir im Hebräerbrief 1, Vers 1 und 2 eine Zusammenfassung über die Selbstoffenbarung Gottes:
Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, 2 hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn, den er eingesetzt hat zum Erben über alles, durch den er auch die Welt gemacht hat.
Die Selbstoffenbarung Gottes. Wir sprechen zuerst über die Notwendigkeit der Selbstenthüllung des Allmächtigen. Es gibt viele Dinge, die wir durch Studieren und durch Beobachtung lernen können: der Ackerboden und die Saat, der Baum und die Frucht, Wasser und Mineralien, Tiere und Fische, die Gesetze der Schwerkraft und der Bewegung der Sterne. Es sind fast unbegrenzt viele – die Dinge, die wir kennenlernen und studieren und sehen können durch Beobachtung. Aber es gibt viele Dinge, und das sind die wirklich bedeutungsvollen Dinge, die wir nicht durch die Vernunft erfassen können. Dinge, die auf der Rückseite der Dinge liegen; die wahren Realitäten, die den Hintergrund von dem bilden, was wir sehen. Egal, wie viel wir studieren oder wie viel wir beobachten, wir können niemals jene entscheidenden Daseinsgründe herausfinden. Wer hat all diese Dinge geschaffen und warum? Gibt es einen Sinn im Leben, und wenn ja, kann ich ihn erkennen? Wo kommen wir her? Und welches ​​Ziel wollen wir erreichen? Keine noch so umfangreichen Studien oder Beobachtungen werden uns jemals die Antworten dazu liefern.
Vernunft, Beobachtung, Studium, Verständnis können nur so und so weit gehen und nicht weiter. Gott ist so. Wir können die Sterne und das Universum studieren und zu einer grundlegenden und wahren Schlussfolgerung kommen: Wer auch immer dieses riesige, gewaltige Universum schuf, muss jemand mit grenzenloser, allmächtiger Kraft gewesen sein. Aber wer ist er? Und was ist sein Name? Und wie ist er? Wir könnten die Sterne ewig studieren und werden es nie erfahren. Wir können den Regenbogen und in die herbstlichen Sonnenuntergänge und die schönen Blumen und die Farben in der Welt sehen und die Schattenspiele am großen Grand Canyon beobachten. Und während wir diese traumhaft schönen Dinge sehen, könnten wir folgern, dass wer auch immer dieses Universum geschaffen haben mag, schöne Dinge geliebt haben muss. Er liebte Farben und Proportion. Wer auch immer es war, er war bedacht auf ästhetische Schönheit. Aber wer ist er? Was ist sein Name und wie ist er?
Oder wir können das Innere unserer Seele, unser eigenes Herz und Wesen studieren. Und in uns hineinblickend können wir auf jeden Fall feststellen, dass wer auch immer uns geschaffen hat, moralisch empfindsam ist. Wir kennen und fühlen Recht und Unrecht. Und es gibt keinen Stamm und kein Volk, die so degradiert wären, dass sie in ihrer Kultur nicht gut und böse, richtig und falsch unterscheiden würden – wie auch wir es tun. Wir könnten also auch feststellen, dass wer auch immer uns geschaffen hat, moralisch ist. Aber, wer ist er und was ist sein Name? Und kennt er mich? Und gibt es einen Sinn für mein Leben? Und hat er mich für einen Auftrag oder eine Aufgabe geschaffen? Wer ist es, der hinter all den Erscheinungen steht, die wir von außen sehen?
Hier erkennen wir die Notwendigkeit für die Selbstoffenbarung Gottes. Wenn er sich nicht selbst offenbart, können wir ihn nie erkennen. Und das ist die Botschaft der Bibel. Gott spricht zu uns in unserer Sprache, in Worten. Gott wirkt seine Taten und legt sie uns vor, auf den heiligen Seiten niedergeschrieben. Und so können wir seine Gedanken denken, können sehen, wie er sich bewegt, können seine Botschaft in unseren Herzen fühlen und wir können mit unserer Seele darauf reagieren. Deshalb wurde uns die Bibel gegeben: sie ist die Selbstauskunft, die Selbstoffenbarung Gottes. Gott stellt sich vor, präsentiert sich uns, wie er ist auf den Seiten der Heiligen Schrift.
Was wir selbst herausfinden können, ist nicht in der Bibel. In der Bibel finden wir das, was wir auf andere Weise nicht erfahren können. Aber was wir für uns selbst entdecken können, ist nicht in der Bibel. Die Kontinente, wo sie sind – das können wir selbst entdecken. Wo sind die großen Gebirgsketten der Erde? Wo sind die Täler? Wo sind die Quellen der Bäche und Flüsse der Erde? – Das können wir selbst herausfinden.
Für mich war es ein außergewöhnlich spannender Moment, als ich an der Quelle des Nils stand. Jahrhunderte lang war der Nil und seine steigenden und fallenden Pegel ein Rätsel für alle Geographen und Topographen und Historiker der alten Welt. Für die Kultur und Zivilisation der Antike war es ein Rätsel. David Livingstone hat sein Leben lang versucht, die Quelle des Nils zu finden und hat sie nie gefunden. Aber ich stand an dem Ort, von dem es hinausstürzt und hinausströmt: aus dem riesigen Viktoriasee. Warum steht das nicht in der Bibel? Wir konnten es im Laufe der Zeit selbst entdecken.
So ist es auch mit all den Naturgesetzen: Die Nutzbarmachung von Elektrizität oder von Penicillin – diese Dinge können wir selbst erforschen. Die Bibel richtet sich an unsere menschlichen Seelen und die Bedürfnisse unserer Herzen. Sie lehrt uns nicht die Dinge des Gartenbaus oder der Chemie oder der Biologie oder der Trigonometrie oder der anderen Wissenschaften, die unseren modernen Alltag so beanspruchen. Wir können diese Dinge selbst erlernen. Aber wir können Gott nicht kennenlernen, es sei denn, er offenbart sich selbst. Und das ist der Sinn der Heiligen Schrift, dass wir ihn kennenlernen.
Es gibt dazu eine ergreifende Darstellung aus dem Leben unseres Herrn. Er ist auf der anderen Seite des Sees Genezareth in einer Wüste und dort sind fünftausend Männer, ohne Frauen und Kinder, um ihn herum. Sie bleiben bei ihm, hören seinen Worten zu, den ganzen Tag lang. Und dann kommt der Abend. Und als einer der Jünger vorschlägt, dass sie weggeschickt werden, sagt der Herr: „Sie sind müde und schwach. Und sie müssen zu essen bekommen. Sie werden sonst in der Wüste umkommen.“ Und die Jünger antworten: „Wie können wir so eine riesige Menge mit Speise versorgen?“ Andreas sagt, es gebe nichts Essbares bei ihnen, außer dem Mittagessen eines kleinen Jungen (Joh 6,8-9). Und der Herr nimmt die Brote, das Mittagessen des Jungen, und er bricht es, und er bricht es, und er bricht es – bis er die Fünftausend gespeist hat.

Nun kann ich mir vorstellen, wie ein Zyniker, ein Kritiker, dabeisteht, während der Herr die Fünftausend speist und das Brot bricht. Und der Zyniker sagt: „Wie seltsam? Warum gibt er ihnen nicht Rubinen und Smaragden und Diamanten? Sie wären viel prächtiger und dekorativer und nachhaltiger? Warum gibt er ihnen nicht Steine ​​statt Brot?“ Wegen der Notwendigkeit. Wegen des Hungers, damit sie am Leben bleiben. Deshalb war es Brot, es war Brot.
Ich hörte einmal von einem Mann, der eine unstillbare Sehnsucht nach Diamanten hatte. Und er hatte gehört, auf der anderen Seite der Wüste seien Diamanten. Also ging er auf die Reise und mitten in dem unübersehbaren, grenzenlosen Sand der Wüste verirrte er sich. Er stolperte von Sanddüne zu Sanddüne, bis er schließlich zusammenbrach in der Wüste. Nachdem er genug Kraft gesammelt hatte, um noch ein paar Schritte zu gehen, sah er, halb begraben im Sand, einen Wasserkanister. Mit einem Freudenschrei und der Erwartung des Lebens selbst, schleppte er sich zu dem Kanister, der halb begraben im Sand lag. Mit zitternden Händen hob er ihn auf, führte die Öffnung an seinen Mund, um das lebensspendende Wasser zu trinken. Doch während er ansetzte, um zu trinken, kamen aus der Öffnung anstelle von Wasser schöne, funkelnde Diamanten heraus. Ein Kanister, gefüllt mit Diamanten! Voller Verzweiflung und Qual warf er ihn weg; und diese Edelsteine fielen unbeachtet in den sengenden Sand.
Was wir meinen zu brauchen, ist oft so ganz anders als das, was wir tatsächlich benötigen. Was wir für unsere Seele, unser Herz, unser Leben, unser Heil brauchen, ist Gott. Und der einzige Weg, wie wir Gott jemals erkennen können, ist in seiner Selbstoffenbarung. Er muss sich offenbaren. Und Gott tut es als Antwort auf unser menschliches Bedürfnis. Er redet zu Adam, zu Noah, zu Abraham, zu Israel, zu David, zu Jesaja, zu Johannes dem Täufer, zu Paulus, zu den Aposteln, und vor allem redet er zu uns durch Jesus, unseren Herrn.
Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, 2 hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn.
Hebräer 1,1-2
Die Selbstoffenbarung Gottes. Wir haben die Notwendigkeit der Selbstoffenbarung Gottes besprochen und festgestellt, dass wir ihn auf keine andere Art und Weise erkennen und dass unsere Herzen sich nicht von Steinen ernähren können; wir müssen das Brot des Lebens haben. Zweitens wollen wir über die Notwendigkeit einer progressiven, fortschreitenden Selbstoffenbarung Gottes reden. Warum hat Gott sich selbst, alle seine Gebote und seine Wahrheit nicht gleich voll und ganz offenbart, warum hat er es nicht gleich am Anfang getan? Warum gibt es eine allmähliche, progressive Entfaltung von Gottes gnädiger Selbstoffenbarung für uns in der Bibel? Warum steht nicht alles sofort auf der ersten Seite des ersten Kapitels der Bibel? Es gibt hunderte und hunderte von Seiten in dem Buch bis wir schließlich zu der vollen Offenbarung Gottes in Christus kommen.
„Gott, der vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten“, wartete bis zu diesen letzten Tagen, um in vollem Umfang zu uns zu sprechen durch seinen Sohn. Warum diese fortschreitende, allmähliche Offenbarung Gottes?
Die Antwort liegt in uns, nicht in Gott. Es liegt nicht in Gottes Natur, dass die Offenbarung Stück für Stück, Regel für Regel, Gebot für Gebot enthüllt werden musste, hier ein wenig und dort ein wenig. Es ist wegen unserer Natur. Wir sind so gefallen und so sündhaft und so hartnäckig und so unwissend und so langsam zu gehorchen, dass Gott uns, wie Kinder, Schritt für Schritt entlang geführt hat. Die Offenbarung ist allmählich und sie ist fortschreitend wegen unseres hartnäckigen Willens.
Im 19. Kapitel des Matthäus-Evangeliums beantwortet der Herr Fragen über die Scheidung und dann sagen sie zu ihm: „Warum hat denn Mose uns geboten, ihr einen Scheidebrief zu geben?“ Das war alles, was im Alten Bund benötigt wurde. Schreib es einfach auf, gib es ihr und schicke sie weg. Schick sie weg, um zu verhungern; schick sie weg und lass sie selbst klarkommen. Warum hat Mose das so geregelt?
„Er sprach zu ihnen: Mose hat euch erlaubt, euch zu scheiden von euren Frauen, eures Herzens Härte wegen; von Anfang an aber ist’s nicht so gewesen“ (Mt 19,8). 
Ein weiteres Beispiel der fortschreitenden Offenbarung Gottes: Als der Herr die Füße der Apostel waschen wollte und zu Simon Petrus kam, weigerte sich dieser und wollte es nicht zulassen. Als er sich weigerte, sagte Jesus: „Was ich tue, das verstehst du jetzt nicht, du wirst es aber hernach erfahren“ (Joh 13,7).

Oder bevor Jesus gekreuzigt wurde, sagt er in seiner Abschiedsrede erneut zu seinen Jüngern in Johannes 16,12: „Ich habe euch noch viel zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen.“ Die Offenbarung geschah schrittweise wegen der Stumpfheit unserer Wahrnehmung und wurde immer kompletter im Laufe der Zeit wegen unserer Unfähigkeit, sie zu empfangen. So öffnet die Bibel sich immer mehr wie eine Blume. Wir sind zunächst bei der Knospe und kommen schließlich zur vollen Blüte, wenn wir durch all die Seiten der Heiligen Schrift hindurch gegangen sind.
Der Herr spricht manchmal zu einzelnen Menschen, wie er zu Noah sprach und Noah einen Auftrag erteilte. Der Herr spricht zu Israel durch Mose, wie Israel handeln sollte. Der Herr spricht zu den Völkern durch einen Jesaja, was diese tun müssen. Der Herr spricht durch den Apostel Paulus, wie wir alle zu handeln haben. Die Offenbarung ist vollkommen und fortschreitend. Was Gott zu Noah sprach, war ausreichend für die Tage Noahs. Was Gott mit Mose redete, war ausreichend für Israels Tag. Was Gott zu Jesaja und Jeremia sprach, war ausreichend für die Tage der Heiden. Und was Gott durch Jesus und durch Paulus spricht, ist ausreichend für unsere Zeit und für alle Tage bis zur Vollendung des Zeitlaufs.
Also spricht der Herr zu diesen Aposteln und zu diesen Propheten: Er lässt sie seine Gebote und seine Selbstoffenbarung aufschreiben. Und sie schreiben diese Weissagungen auf Seiten, so dass sie klar und verständlich sind. So entsteht die Selbstoffenbarung des Willens Gottes für unsere Zeit. Es ist eine wunderbare Definition des heiligen Buches Gottes, wie Simon Petrus sie im ersten Kapitel seines zweiten Briefes niederschreibt:
„Und das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift eine Sache eigener Auslegung ist. Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von dem Heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet.“ 2. Petrus 1,20-21
Was Petrus uns hier bezeugt, ist zum einen, was die Heilige Schrift nicht ist: Keine Weissagung der Schrift geschieht aus eigener (privater) Veranlassung. Es kommt nicht aus dem Menschen, dem Schreiber, als seine eigene Idee hervor. Er hat die Botschaft nicht selbst erfunden. Sie stammt nicht von ihm. Es ist nicht sein geistiges Eigentum.
„Sondern“, und dann beschreibt er, wo die Prophezeiung herkommt: „… sondern getrieben von dem Heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet.“
Was Petrus uns also hier vermittelt, ist Folgendes: Wenn die Propheten redeten, wenn sie eine Botschaft vermittelten, dann kam diese nicht aus ihnen selbst, sie stammte nicht von ihnen, sondern sie hatte ihre Quelle im Geist Gottes. Wenn sie eine Prophezeiung erhielten, heißt es, dass sie „gesucht und geforscht“ haben, um die Bedeutung des Wortes zu verstehen, das durch sie kam.
Nach dieser Seligkeit haben gesucht und geforscht die Propheten, die von der Gnade geweissagt haben, die für euch bestimmt ist, und haben geforscht, auf welche und was für eine Zeit der Geist Christi deutete, der in ihnen war und zuvor bezeugt hat die Leiden, die über Christus kommen sollten, und die Herrlichkeit danach. Ihnen ist offenbart worden, dass sie nicht sich selbst, sondern euch dienen sollten mit dem, was euch nun verkündigt ist durch die, die euch das Evangelium verkündigt haben durch den Heiligen Geist, der vom Himmel gesandt ist, – was auch die Engel begehren zu schauen.
1. Petrus 1,10-12

Diese Männer, durch die Gott diese Offenbarung von sich selbst gab, die Propheten und die Apostel, die hier in der Bibel schreiben, sie schreiben nicht von sich selbst aus, sondern sie werden von Gott angewiesen und geleitet. Und natürlich glaube ich, dass die Leitung des Heiligen Geistes, unter der die Propheten und Apostel die Offenbarung des Allmächtigen schrieben, unfehlbar ist.
Drittens und letztlich ist es notwendig, dass Gott dies für uns tut, damit wir eine Wahrheit, eine Grundlage, eine Autorität haben, auf der wir unser Leben bauen können – unsere Hoffnung, unsere Lehre, unsere Gemeinde und jede Perspektive, die wir für die Zukunft haben. Ich muss eine Wahrheit und Autorität haben, auf der ich meinen Glauben und mein Leben bauen kann; und ohne diese habe ich überhaupt keine Grundlage. Jeder Glaube ist so. Jede Religion ist so. Alle Lebensphilosophien sind so. Sie müssen auf einer Art von Wahrheit oder irgendeiner Art von Autorität aufgebaut werden.
Nun, uns geht es um die Religion, um unseren Glauben, unsere Seele, unser Leben. Wo ist die Wahrheit? Wo ist die Autorität, auf der wir unser Leben, unsere Gemeinde, unseren Glauben bauen und der Zukunft begegnen können? Wo sind diese Wahrheit und Autorität? Nun gibt es Millionen von Menschen, die finden für sich selbst die Grundlage dieser Autorität in der katholischen Kirche. Und ich kann verstehen, warum Millionen bequem und entspannt in der katholischen Kirche ruhen. Ich hörte einmal einen ihrer Priester sagen: „Bleiben Sie mit der Mutter-Kirche und Mutter-Kirche wird Sie in den Himmel bringen.“ Bleiben Sie einfach in ihr. Cyprian, einer jener alten Kirchenväter aus dem dritten Jahrhundert, sagte: „Wer die Kirche nicht zur Mutter hat, der hat Gott nicht als seinen Vater.“ Und der große lateinische Vater, einer der größten Geister aller Zeiten, Augustinus, sagte: „Ich würde der Heiligen Schrift nicht glauben, es sei denn, die Autorität der Kirche bestätigt sie.“ Das ist die eine Grundlage des Lebens, der Lehre, der Hoffnung, des Heils: die Kirche. Die katholische Kirche sagt es, deshalb ist es die Wahrheit.
Die Lehren, die auf der Grundlage der Autorität der Kirche verkündet werden, sind sehr viele. Eine von ihnen wäre die unbefleckte Empfängnis Mariens, d.h. dass sie ohne Sünde geboren wurde. Es gibt nichts dergleichen außerhalb der Kirche. Die Kirche sagt es, deshalb soll es wahr sein. Es ist ein Dogma, das man glauben muss. Ein anderes Dogma wäre die leibliche Himmelfahrt Mariens. Ich stand am Grab von Maria in Jerusalem und im selben Jahr, 1950, war ich zufällig im Vatikan, als die Lehre von der leiblichen Himmelfahrt Mariens dort verkündet wurde. 1950 Jahre lang zeigten sie Walfahrern das Grab von Maria, aber im Jahre 1950 verkündeten sie das Dogma, dass sie nicht begraben wurde. Sie ist körperlich in den Himmel aufgefahren; weil die Kirche es so gesagt hat. Oder die Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes in Fragen der Lehre. Die Kirche sagt es. Und es gibt Millionen und Abermillionen, die das mit großer Leichtigkeit und Ruhe des Herzens annehmen und glauben. Eine Sache ist wahr, weil die Kirche es sagt.
Nun, in unserer heutigen Generation gibt es andere Hunderttausende von denen, die dem Existentialismus glauben. Dabei geht es um Folgendes: Etwas ist wahr, wenn es für mich wahr ist. In dieser Lehre basiert die Wahrheit auf der Erfahrung. Ein Ding ist nicht wahr, wenn es für mich nicht wahr ist. Die Bibel ist nicht wahr, es sei denn, sie ist für mich wahr. Jesus ist nicht wahr, es sei denn, er ist wahr für mich und meine Erfahrung. Alles ist nur wahr, wie ich es erlebe. Existentialismus.
Charles Haddon Spurgeon sagte: „Die Natur des Menschen ist nicht eine organisierte Lüge, aber das menschliche Bewusstsein und die menschliche Erfahrung sind in Sünde eingebunden.“ Es ist sehr einfach für einen Menschen zu sagen: „Ich werde meinen eigenen Affinitäten und Vorlieben folgen. Es ist, wie ich fühle und es ist, wie ich denke. – Das wird die Autorität für mein Leben sein.“ Das wäre in Ordnung, wäre da nicht die Tatsache, dass wir gefallene, und wie Spurgeon sagte, gebundene Menschen sind. Ich kann nicht von meiner Erfahrung ausgehen; sie kann mich täuschen. Meine Erfahrung muss durch die große Offenbarung Gottes geprüft werden und nicht die Offenbarung Gottes durch meine Erfahrung.
„Nun, Pastor, wenn die Grundlage für unser Leben und die Grundlage für unsere Hoffnung nicht in einer Hierarchie der Kirche und nicht in der Erfahrung zu finden ist, wo kann ich dann die große grundlegende Wahrheit finden, von der meine Hoffnung und mein Leben und mein Heil abhängig sind? Wo kann ich sie finden?“
Die Antwort kennen Sie jetzt. Sie ist das Thema dieser Predigt. Ich finde sie in der Selbstauskunft, in der Selbstoffenbarung Gottes in der Heiligen Schrift. Sie ist wahr, weil Gott es in seinem Wort offenbart. Ich kann ruhig sein in meinem Herzen, wenn ich den Verheißungen von Jesus glaube. Er sagte, wenn ich ihm vertraue, wird er mich ans Ziel bringen. Er sagte, wenn ich ihm mein Herz und mein Leben gebe, wird er meinen Namen in das Buch des Lebens schreiben. Er sagte:
„Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen“ (Joh 10,27-28).
Also gründen wir unsere Loyalität und unseren Glauben und die Hoffnung unserer Seelen auf die ewige und unveränderliche Verheißung Gottes, die uns in seinem heiligen Wort offenbart ist.
Der Herr segne die Botschaft in unseren Herzen und gebe uns eine wunderbare Bereitschaft, auf die Stimme Gottes zu hören, wie er auf diesen heiligen Seiten redet. Und er gebe uns seinen Geist in doppelter Fülle, dass wir unser Herz und Leben ihm hingeben, in wunderbarer Jüngerschaft und ganzheitlicher Nachfolge.
Herr, wir glauben und vertrauen dem Wort und der Verheißung unseres seligen Erlösers: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen“ (Joh 6,37). Wie die Schlange in der Wüste erhöht wurde, so wurde der Sohn des Menschen erhöht, und wer auf ihn schaut, wird leben (Joh 3,14-15). In Glauben und Vertrauen, Herr, beugen wir uns zu deinen lieben Füßen.

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